Das letzte Jahr ging am Thema vorbei.

Welch schöne Idee!
Ich persönlich habe durch die Corona-Zeit weniger Einschränkungen erfahren wie gedacht – oder denkt man das bloß, weil es mittlerweile zum Alltag gehört? Durch die sinkenden Zahlen ist es wieder möglich Bars zu besuchen, essen zu gehen, viele „normale“ Dinge wieder tun zu können. Das ist schön, aber irgendwie nicht so aufregend wie ich gedacht hatte, ich habe es zwar vermisst aber auf der anderen Seite ist die Erleichterung nicht wirklich groß. Habe ich mein Leben so schnell auf die neuen Umstände angepasst oder kommt das Erleichterungsgefühl erst mit dem ersten großen Festival?
Gedanklich habe ich mich wenig mit der Pandemie beschäftigt.
Weder über meine finanzielle Situation, noch die Sorge zu erkranken oder einen Menschen zu verlieren, noch darüber welch psychischen Folgen solche Kontaktbeschränkungen haben können.
Ich tat mir schwer den Überblick zu behalten und finde es wahnsinnig schwer sich eine eigene Meinung zu bilden, wenn sich die Kommunikation in extremen bewegt. Auf der einen Seite mahnende Worte und der Ruf nach gänzlicher Einschränkung, auf der anderen Seite die Forderung nach Freiheit und keinerlei Einschränkung. Dazwischen? Vielleicht vereinzelte Meinungen, welche in der Öffentlichkeit aber kaum zum Tragen kommen. Zu Polarisierend, zu extrem, zu gespalten sind die Meinungen und damit die beiden Lager in der Pandemie, als dass ein friedlicher Diskurs zustande kommen könnte. Die Fronten sind verhärtet, wie schade.
Denn das letzte Jahr wäre optimal gewesen, um manche Dinge neu zu denken. Ist unser Bildungssystem noch auf der Höhe der Zeit? Wie sieht es mit der Pflege aus, dem Fachkräftemangel. Wie kann man die Wirtschaft stärker in die Verantwortung ziehen, sich an sozialen und ökologischen Problemlösungen zu beteiligen? Wie möchten wir als Gesellschaft leben? Weiter so mit der Ellbogengesellschaft, in der jeder sich selbst der nächste ist? 40-Stunden Wochen bis zum Umfallen oder bis unsere Generation dann mit 70 aufwärts in Rente gehen kann? Immer größere Produktions- und Konsumzyklen fördern, anstatt in ressourcenschonenden kleinteiligeren Strukturen zu wirtschaften. Stattdessen wird darüber gestritten, wer wieviel Schrottmasken bestellt hat, wer sich nicht an Abstandregelungen hält, wer demonstrieren darf und wer nicht und ob Friseure vor Kitas öffnen dürfen oder andersherum.
Ein Umdenken wird es so nicht geben, nur ein weiter so. Bis es eben nicht mehr weiter geht. Aber dieses Umdenken braucht es. Und so ist es einfach nur schade, wenn die Kommunikation sich in Zeiten von Corona nur darauf beschränkt, Maßnahmenkritiker als Staatsfeindlich zu diffamieren und Befürworter als blindlings Regierungstreu zu bezeichnen. In einer so komplexen Welt dürfte es doch klar sein, dass niemand die Wahrheit für sich gebunkert hat und nur ständiger konstruktiver Austausch helfen kann, Differenzen zu beseitigen. Ohne die ganze Polemik auf beiden Seiten wäre es leichter, sich auf das zu verständigen was wirklich wichtig ist.
Ein friedliches Zusammenleben, wo man sich selbst nicht bereichern muss, weil die Gesellschaft der Reichtum ist.

geschrieben von MFG, 17.06.2021